Just do it!
Sammelkarten ///
Limitierte Auflage: 500 Stück, 105 x 59.5 mm, 200g Offsetpapier matt ///
Oktober 2005 ///
Mit den Worten „Städtebaulich hat sich das Lentos mit seiner einzigartigen Architektur innerhalb kürzester Zeit etabliert. Mehr als nachdenklich stimmen mich aber die stetig sinkenden Besucherzahlen – was habe ich von einem tollen Haus, wenn kaum wer hineingeht?“, kritisierte SP-Bürgermeister Franz Dobusch kürzlich in einem Interview die künstlerische und kaufmännische Leitung des Linzer Kunstmuseums LENTOS. Mehrere kritische Repliken in verschiedenen Tageszeitungen waren die Folge, die sich gegen eine banale Reduktion der Diskussion auf BesucherInnenzahlen verwehrten. Recht so! Der 1.-Mai-Aufmarsch der Linzer SPÖ wird auch nicht einfach abgesagt, nur weil von Jahr zu Jahr weniger Menschen auf den Linzer Hauptplatz strömen. Und dort entbrandet keine Diskussion über die Absetzung der „künstlerischen Leitung“.
Die Idiotie des Landlebens schlägt unbarmherzig zu. Es folgt eine Diskussion, wie radfahrende TouristInnen und die Donaudampfschiffahrtsgesellschaftsreisenden ins LENTOS gelenkt werden könnten. Wie wär’s mit Werkschauen von Piloty, Defregger oder Egger-Lienz? Auf geht’s: Messen für elektronische Haushaltsgeräte ins Ars Electronica Center, den Ur-Faust ins Theater Phoenix, echte Wagner-Opern ins Brucknerhaus, der Posthof bleibt wie er immer schon war und der gelbe Linzer City Express wird durch rote Steyr-T80-Traktoren ersetzt. Mehr noch: vielseitige LENTOS-Farbinserate in der oberösterreichischen Bauernzeitung, spektakuläre Publikumsmagnet-Events wie „Donauschiffe in Flammen“, Kunst-Partnerschaften von Linz mit Aigen/Schlägl, Sandl und Vierzehn, verpflichtende Museumsbesuche für alle Kindergartenkinder („Kids meet Mühl“) oder Indoor-Pyro-Shows im LENTOS – alles, nur um die BesucherInnenzahlen zu heben!
Die Banalität des Provinziellen lässt sich in diesem Zusammenhang aber auch daran ersehen, dass anstatt einer Diskussion über eine qualitätsorientierte und fortschrittliche Museumspolitik zumindest drei Abwehrreflexe folgen. Erstens der Verweis auf den Einbruch der BesucherInnenzahlen bei vergleichbaren Einrichtungen nach dem Eröffnungs-Hype (und damit der Einstieg in die BesucherInnenzahlendiskussion), zweitens die Ankündigung von „echten Krachern“ im nächsten Jahr (Zaha Hadid! Helnwein! … und damit die Perpetuierung der BesucherInnenzahlendiskussion) und drittens der Verweis auf die Einzigartigkeit des Baus (Standortvorteil durch städtebauliche Massnahmen). Eine Diskussion über die aktive Einmischung eines städtischen Museums in die umliegende Kunst- und Kulturszene, sowohl inhaltlich als auch architektonisch, sowie eventuelle Hindernisse hierfür (z. B. fehlendes Budget für Öffentlichkeitsarbeit, fehlender Wille zur Vernetzung mit der Freien Szene und freischaffenden KünstlerInnen, …) findet nicht oder nur unzureichend statt.
Das LENTOS scheint sich dabei unter der Last der provinziellen Politik zu verbiegen, einzubrechen und läuft Gefahr, von einem White Cube zu einem Light Cube zu verkommen, einem leuchtenden Sarkopharg (für eigentlich durchaus Freshmaker-Inhalte wie die „Just do it!“-Ausstellung). Die subliminalen Botschaften der letzten Ausstellung sind etwa in den öffentlichen Diskursen der letzten Zeit kaum zur Sprache gekommen. Die zur Schau gestellten Werke standen ja nicht nur im Kontext der Ausstellung, sondern wären prädestinierte kulturpolitische Statements, die über die räumlichen Grenzen des LENTOS hinweg wirken hätten müssen. Das Museum der Gegenwart und Zukunft kann nicht allein als institutionalisierter Lagerplatz der Hochkultur (beliebig auszutauschen mit: Alternativkultur / Popkultur / Alltagskultur / …) dienen, sondern muss eine lokal, regional und international vernetzte Produktionsmaschine, besser: offensive Diskursmaschine, noch besser: deleuzianische Kriegsmaschine sein. Jede einzelne leuchtende Außentafel des LENTOS muss zu einem glühenden Intensitätsplateau werden, einer kleinen Drohne, welche die jeweiligen Inhalte des LENTOS in alle möglichen und unmöglichen politischen Diskurse einspeist.
(Fotos: qujOchÖ)